Würschtfahren oder Rockaspeisen

Auch dieser Brauch ist in Vergessenheit geraten. Die Bauern schlachteten regelmäßig zwei- mal im Jahr. Im Oktober ein Schwein, das war der sogenannte "Vorstich". In den Wintermo- naten wurde das eigentliche Dauerfleisch verarbeitet, was man das "Rechtmetzeln" hieß. Dabei wurden bei größeren Bauern mit mehreren Dienstboten neben einem Rind oft 3 - 4 Schweine geschlachtet. Am Schlachttag lud man dann die Verwandten, manchmal auch den Herrn Pfarrer und den Herrn Lehrer auf die "Knockng". Die Stube wurde geputzt und die Teilnehmer erschienen vielfach im Sonntagsanzug. Wenn dann der Metzger fertig war, gab es abends ein Essen: Nudelsuppe, Schweinebraten mit Klößen und Kraut, saure Schweins- knöchla, Leber- und Blutwurst mit Kraut. Auch ein Faß Bier wurde angestochen, das "Knockaböia", das sich der Bauer vom Brauer beim Verkauf der Braugerste erdingte. Nach dem Essen kamen dann 3 - 4 verkleidete, meist ärmere Personen vom Orte, manchmal auch aus dem Nachbardorf, zu diesem Schlachtfeste. Ein als Frauensperson verkleideter Mann trug einen Huckelkorb in dem sich ein irdener Hafen (Topf) befand. Da hinein sollten die Würste und dergleichen kommen, die die ungeladenen Gäste erwarteten. Aber das war niemals möglich, weil die "Frau" mitsamt dem Korbe dem Brauch entsprechend in die Stube fallen mußte, wobei der Topf in Scherben ging. Die "Würschtfoara" überreichten dann dem Bauern den "Paß", ein Schreiben, auf dem ihre Namen (allerdings unleserlich) aufgezeichnet waren. Darunter schrieben sie ihre Wünsche, meist in Versform. Gesprochen wurde nicht und die Festgäste versuchten, meist erfolglos, die "Wurstfahrer" zu erkennen. Oft wurde auf der Mundharmonika gespielt und getanzt. Zum Schluß richtete die Bäuerin die "Knockng". Kraut- und Blutwürste, Fleisch und Kraut kamen in eine Schüssel, wurden den "Würschtfoarern" überreicht. Diese verpackten die leckeren Sachen in ihrem Huckelkorb, bedankten sich durch stumme Verneigungen und Händedrücken und verließen unter den Klängen der Mundharmonika das gastliche Haus. Daheim ließen sie sich's schmecken und der Rest wurde geteilt. Die Schüssel stellte man der guten Bäuerin unbemerkt wieder zu.

Musik- und Trachtenverein Igensdorf e.V.

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